Auf Partner angewiesen
Es sei von grosser Bedeutung, dass man im Internet ein «kompetitives Angebot» schaffen könne, schreiben unter anderem die Casinos Basel, Baden und Bern in gleich lautenden Vernehmlassungsantworten. «Dazu muss dem Spieler eine vergleichbare Auswahl angeboten werden, wie diese auch bei ausländischen Onlinecasinos zu finden ist.» Die Schweizer Spielbanken denken dabei vornehmlich an die boomenden Livespiele, die in ausländischen Märkten seit Jahren hohe Wachstumsraten verzeichnen. Bei solchen Spielen können die Spieler in Echtzeit an einem Tisch mit richtigen Croupiers spielen, via Webcam oder Mikrofon sind sie ins Geschehen eingebunden. Die Spielbanken machen in der Vernehmlassung deutlich: «Die Schweizer Casinos können ein so breites Produktportfolio unmöglich selber betreiben.»
Geht es jedoch nach dem Bundesrat, dürfen die Casinos lediglich bei Pokerspielen mit anderen Anbietern zusammenarbeiten. Bei Livespielen sollen Kooperationen gemäss Verordnungen nicht erlaubt sein, ebenso sind gemeinsame Jackpots verboten. Der Schweizer Casino-Verband hat dafür kein Verständnis. Sinnvolle Kooperationen würden verunmöglicht, kritisieren die Branchenvertreter und warnen: «Der Ausbreitung des illegalen Spiels kann nur mit einem attraktiven und kontrollierten Angebot entgegengetreten werden.»
Ohne Kooperationen mit ausländischen Profis geht es nicht, darin sind sich die Spielbanken einig. Tatsächlich gilt der Schweizer Markt als zu klein, um eigene Spiele zu entwickeln. Zu diesem Schluss kommt auch eine im Jahr 2017 vom Bund in Auftrag gegebene Studie. Zur Diskussion stehen verschiedene Modelle. Die Casinos könnten ihre Spiele aus dem Ausland über Lizenz*verträge mieten.
So kooperiert etwa das Casino Baden, zu dem auch das Casino Davos gehört, mit zwei belgischen Unternehmen. Derweil hat sich Swiss Casinos, die grösste Spielbanken-Gruppe des Landes, mit Entwicklern aus Russland, Grossbritannien und Estland zusammengetan. Möglich wären aber auch engere Partnerschaften; bis hin zu Modellen, bei denen ein Casino auf der Spiele-Plattform bloss noch durch seine Marke in Erscheinung tritt.
Schweizer Casinos wollen ausländische Partner
Eben erst noch verteufelt, sollen ausländische Casinos Schweizer Anbietern beim Einstieg ins Onlinegeschäft helfen. Doch der Bundesrat will Kooperationen einschränken.
Sven Altermatt 23.7.2018, 05:00 Uhr
Ohne ausländische Partner ist der Schritt für hiesige Casinos ins Internet schwer. (Bild: Getty)
Ohne ausländische Partner ist der Schritt für hiesige Casinos ins Internet schwer. (Bild: Getty)
Man kann die Sache ganz einfach zusammenfassen: Nur was aus der Schweiz kommt, ist gut und recht. Am 10. Juni sagte das Stimmvolk mit 72,9 Prozent deutlich Ja zum neuen Geldspiel*gesetz. Somit sind Glücksspiele fortan auch im Internet offiziell zugelassen – sofern sie von bereits konzessionierten Casinos aus der Schweiz angeboten werden. Ausländische Anbieter bekommen nicht einmal eine Chance, sich um eine Onlinekonzession zu bewerben. Der Zugang zu ihren Plattformen wird mittels Netzsperren blockiert.
Der protektionistische Touch des Gesetzes sorgte vor der Abstimmung für hitzige Debatten. Vor allem die Vertreter der heimischen Glücksspiellobby traten mit scharfen Voten hervor. Einzig Casinos mit Sitz in der Schweiz garantierten den Spielerschutz und sicherten Geld für die All*gemeinheit, argumentierten sie. Ausländische Anbieter wurden pauschal als «Casino-Haie» bezeichnet.
Casinos halten sich bedeckt
Nach dem Ja an der Urne geht es nun an das Eingemachte. Noch ist nicht bekannt, welche Casinos im Internet aktiv werden wollen. Das Casino Baden etwa verfolgt konkrete Pläne und testet schon seit längerem Onlinespiele mit virtuellen Einsätzen. Auch Zürich und Luzern signalisieren Interesse an einer Konzession, während sich andere noch bedeckt halten. Wie das Geldspielgesetz konkret umgesetzt wird, regeln die bundesrätlichen Verordnungen, deren Vernehmlassung unterdessen zu Ende gegangen ist. Die Stellungnahmen von Spielbanken und Verbänden zeigen unmissverständlich: Ohne ausländische Partner dürfte den Casinos der Schritt ins Internetgeschäft schwerfallen. Wer eben erst noch verteufelt worden ist, kommt nun für eine Kooperation in Frage. Die Casinos schlagen gegenüber ausländischen Anbietern plötzlich konziliante Töne an.
Fabian Fellmann, Leiter Bundeshausredaktion NZZ Regionalmedien.
KOMMENTAR
Online-Glücksspiele: Casinos sind in der Pflicht
Fabian Fellmann 23.7.2018, 05:00
luzernerzeitung.ch
Auf Partner angewiesen
Es sei von grosser Bedeutung, dass man im Internet ein «kompetitives Angebot» schaffen könne, schreiben unter anderem die Casinos Basel, Baden und Bern in gleich lautenden Vernehmlassungsantworten. «Dazu muss dem Spieler eine vergleichbare Auswahl angeboten werden, wie diese auch bei ausländischen Onlinecasinos zu finden ist.» Die Schweizer Spielbanken denken dabei vornehmlich an die boomenden Livespiele, die in ausländischen Märkten seit Jahren hohe Wachstumsraten verzeichnen. Bei solchen Spielen können die Spieler in Echtzeit an einem Tisch mit richtigen Croupiers spielen, via Webcam oder Mikrofon sind sie ins Geschehen eingebunden. Die Spielbanken machen in der Vernehmlassung deutlich: «Die Schweizer Casinos können ein so breites Produktportfolio unmöglich selber betreiben.»
Geht es jedoch nach dem Bundesrat, dürfen die Casinos lediglich bei Pokerspielen mit anderen Anbietern zusammenarbeiten. Bei Livespielen sollen Kooperationen gemäss Verordnungen nicht erlaubt sein, ebenso sind gemeinsame Jackpots verboten. Der Schweizer Casino-Verband hat dafür kein Verständnis. Sinnvolle Kooperationen würden verunmöglicht, kritisieren die Branchenvertreter und warnen: «Der Ausbreitung des illegalen Spiels kann nur mit einem attraktiven und kontrollierten Angebot entgegengetreten werden.»
Ohne Kooperationen mit ausländischen Profis geht es nicht, darin sind sich die Spielbanken einig. Tatsächlich gilt der Schweizer Markt als zu klein, um eigene Spiele zu entwickeln. Zu diesem Schluss kommt auch eine im Jahr 2017 vom Bund in Auftrag gegebene Studie. Zur Diskussion stehen verschiedene Modelle. Die Casinos könnten ihre Spiele aus dem Ausland über Lizenz*verträge mieten.
So kooperiert etwa das Casino Baden, zu dem auch das Casino Davos gehört, mit zwei belgischen Unternehmen. Derweil hat sich Swiss Casinos, die grösste Spielbanken-Gruppe des Landes, mit Entwicklern aus Russland, Grossbritannien und Estland zusammengetan. Möglich wären aber auch engere Partnerschaften; bis hin zu Modellen, bei denen ein Casino auf der Spiele-Plattform bloss noch durch seine Marke in Erscheinung tritt.
Grosse Player sind lukrativ
Swiss-Casino-Chef Marc Baumann erklärte schon vor der Geldspielgesetz-Abstimmung in der «Handelszeitung», denkbar sei gar eine Finanzbeteiligung des Onlinepartners im Gegenzug zu neuen Spielen für den Schweizer Markt. Besonders lukrativ dürfte die Kollaboration mit einem grossen Player sein – und zwar für beide Seiten. Der europäische Marktführer Pokerstars liess mehrfach durchblicken, man interessiere sich für eine Zusammenarbeit mit lokalen Partnern.
Doch just grosse und bei Spielern beliebte Anbieter wie Pokerstars, Interwetten und Bwin sollen als Partner für Schweizer Casinos nicht in Frage kommen: Der Bundesrat sieht harte Auflagen vor, um die Zusammenarbeit einzuschränken. Die Partnerfirmen müssen einen «guten Ruf» vorweisen können. Konkret dürfen sie in den fünf Jahren vor dem Abschluss einer Partnerschaft nicht in der Schweiz aktiv gewesen sein. Ein Killerkriterium: Fast alle international tätigen Unternehmen boten bisher in der Schweiz Glücksspiele an; sie wussten eine Gesetzeslücke für sich zu nutzen. Ihre Angebote waren wegen des Verbots von Onlinegeldspielen theoretisch nicht zugelassen, wurden praktisch aber von den Behörden toleriert. Weil die Anbieter ihren Sitz in Ländern haben, in denen Onlinegeldspiele legal sind, konnte die Schweiz nicht gegen sie vorgehen.
Unverständnis aus Brüssel
Ungeachtet dessen soll die Doktrin gelten: Wer in der Vergangenheit im Schweizer Markt aktiv war, hat keinen «guten Ruf». Für die European Gaming and Betting Association (Egba) ist dies völlig unverständlich. Die geplante Regelung sei selbst in einem konzessionierten Markt eine «schwerwiegende Verletzung der Dienstleistungsfreiheit», moniert der Verband der europäischen Onlinecasinos mit Sitz in Brüssel. Auch er zeigt sich überzeugt, dass attraktive Angebote für den Schweizer Markt nur mit Kooperationen möglich sind. Aus Sicht der Egba würden Anbieter «retrospektiv für ein Verhalten verurteilt, für das es bis anhin gar keine Regelung gab». Damit werde am Rückwirkungsverbot geritzt.
Der Bundesrat dürfte sich von dieser Kritik kaum mehr umstimmen lassen. Als «wichtige Bestimmung» bezeichnet er die Regelung, die dazu führt, dass die meisten etablierten Anbieter als Kooperationspartner für Schweizer Casinos wegfallen.
Welche Motivation hinter dieser harten Linie steckt, bleibt unklar. Nach dem Ende der Vernehmlassung überarbeitet die Landesregierung ihre Vorlage nun zwar nochmals. Mit grossen Änderungen ist jedoch nicht zu rechnen. Anfang 2019 sollen das Geldspielgesetz und die Verordnungen dazu in Kraft treten.
Gesetzgebung: Ausländische Anbieter in der Grauzone
Wollen hiesige Casinos eine Konzession für Online-Glücksspiele bekommen, dürfen sie nur mit Partnern zusammenarbeiten, die einen «guten Ruf» haben. In der Praxis hat diese Regelung weitreichende Konsequenzen. Denn die vom Bundesrat vorgeschlagene Klassifizierung, was ein «guter Ruf» ist, geht weiter über das hinaus, was andere europäische Staaten kennen. Kooperationen werden massiv eingeschränkt. Partnerfirmen dürfen in den vergangenen fünf Jahren nicht den Schweizer Markt bedient haben; genau das taten aber die meisten grossen internationalen Player.
Sie nutzten den Umstand, dass die hiesigen Gesetze bei Anbietern aus dem Ausland nicht griffen. Solange die Schweiz den Online-Bereich nicht reguliert, mache man nichts Verbotenes, lautete ihr Standpunkt. Kritik vom Verein Grundrechte.ch
Eine explizite Regelung fehlte, und der Arm der Behörden reichte nicht über die Schweiz hinaus. Tatsächlich gab es bisher keine einzige Verurteilung von ausländischen Anbietern. Der Verein Grundrechte.ch kritisiert die geplante Regelung deshalb scharf: Das Rückwirkungsverbot sei ein Grundprinzip des Rechtsstaats. Deshalb dürfe der Ruf eines Anbieters nicht als geschädigt gelten wegen Aktivitäten vor Inkrafttreten des Geldspielgesetzes. (sva)
tt.